Antwort zu Leonid Syrota, Teil II

Andreas Kossiski, MdLWie schon auf den ersten Teil der von Leonid Syrota veröffentlichten „Abrechnung mit der Politik in Chorweiler“, möchte ich als für den Kölner Norden direkt gewählter Landtagsabgeordneter auch auf dessen zweiten Teil eingehen. Allein schon deshalb, weil einiges von dem, was Leonid Syrota im Teil 2 anführt, einer Richtigstellung bedarf.

Wenn Leonid Syrota von der guten Verkehrsanbindung Chorweilers mit dem ÖPNV schreibt und lediglich die fehlende nächtliche Anbindung oder die unzureichende Taktung der S6 bemängelt, so überrascht mich dies etwas, weil aus meiner Sicht die „Mängelliste“ durchaus länger ist.

Denn, von Leonid Syrota offensichtlich unbemerkt, hatte ich eines meiner so genannten Stadtteilgespräche, die ich als Abgeordneter im Kölner Norden immer wieder anbiete, bereitsim Februar 2016 speziell dem Thema ÖPNV und insbesondere der Situation an den Bahnhöfen Worringen, Chorweiler und Longerich gewidmet. Es war mir gelungen, mit Kai Rossmann, Leiter Bahnhofsmanagement Köln, DB Station&Service AG, Jürgen Fenske, Vorstandsvorsitzender der KVB AG, Gerd Neweling, Leiter Amt für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau, Stadt Köln, sowie Norbert Reinkober, dem Geschäftsführer VRS und Nahverkehr Rheinland (NVR), die führenden Vertreter des ÖPNV zu uns in den Kölner Norden einzuladen, damit die Bürgerinnen und Bürger ihre konkreten Fragen und Wünsche vortragen konnten.

Gegenstand des abendfüllenden Gesprächs war die allgemeine Nahverkehrssituation im Kölner Norden, die Bedingungen und Zustände auf den Bahnhöfen und in den Zugangsbereichen und Maßnahmen zur Abhilfe bei den dringendsten Problemen. Von Seiten der Gesprächspartner wurden dazu auch Informationen und Positionen hinsichtlich der Gesamtorganisation des Nahverkehrs und zum Investitionsbedarf und den realen Möglichkeiten grundlegender Strukturverbesserungen vorgetragen. Um hier Überlänge zu vermeiden, will ich auf Details verzichten. Aber dieser Abend hatte gezeigt, wie wichtig der Austausch zwischen den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern und Verantwortlichen ist.

Leonid Syrota sei versichert, dass dort mehr konkrete Probleme vorgetragen und besprochen wurden, als er sie in seinem Text benennt. Noch wichtiger ist aber, dass nach dem Stadtteilgespräch vom Februar 2016 zeitnah mit der ersten Beseitigung von Mängeln begonnen wurde, die von den Bürgerinnen und Bürgern vorgetragen wurden.

Während Leonid Syrota im Hinblick auf dieses Thema womöglich nicht ausreichend informiert war, zeigt er aber bei seiner Beschreibung des Themas Leverkusener Autobahnbrücke erschreckende Wissenslücken, die er mit unhaltbaren Behauptungen ergänzt. Es ist einfach falsch, wenn er schreibt, dass der Zustand der Brücke seit 2012 bekannt sei, aber die Landesregierung es nicht schaffe, sich mit dem Thema zu befassen. Hätte er sich zum Beispiel bei www.strassen.nrw.de informiert, wäre ihm dieser Fehler nicht unterlaufen, denn seit dem Ende 2012 Straßen.NRW den Neubau der Rheinbrücke vorbereitet, wird dort chronologisch über den Fortgang informiert. Dort findet man alles zum Autobahnausbau bei Leverkusen, sogar die jeweiligen Newsletter seit 2013 und vieles andere mehr.

Um Leonid Syrota mit Fakten helfen zu können, möchte ich auf folgendes hinweisen: Das Verkehrsministerium NRW und damit die Landesregierung hat am 5. Dezember 2012 den offiziellen Planungsauftrag des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur bekommen. Der Bund ist nämlich Auftraggeber, weil es sich um eine Bundesbrücke handelt, die im Bundesauftrag vom Land erhalten und auch neu gebaut werden wird.

Von der Beauftragung bis zum Planfeststellungsbeschluss sind vier Jahre vergangen. Das hört sich für Laien lang an, aber für Fachleute ist klar, dass dies rekordverdächtig ist, wenn man das Planungsrecht kennt. Diese kurze Planungszeit konnte nur erreicht werden, weil Verkehrsminister Groschek ein hohes politisches Risiko eingegangen ist und bewusst einen Konflikt mit der EU-Kommission in Kauf genommen hatte. Ansonsten wären wir noch lange in einem Planungsprozess und könnten den von der Landesregierung vorgelegten Zeitplan – Baubeginn 2017 – nicht einhalten.

Wenn Leonid Syrota schreibt: „In meinen Augen gehört dieses Problem zur Chefsache von Ministerpräsidentin Kraft“, dann beweist er damit seine Unkenntnis über politische Abläufe. Landespolitische Entscheidungen, erst Recht diejenigen, die Auswirkungen auf den Landeshaushalt haben, finden nicht hinter verschlossenen Türen in einzelnen Ministerien statt, sondern werden im Kabinett unter der Leitung der Ministerpräsidentin besprochen und vorbereitet, ehe sie schließlich im Landtag beschlossen werden.

Noch einige Anmerkungen zu seiner Kritik an den Schrankenanlagen für den LKW-Verkehr. Wenn Leonid Syrota schreibt, „Hinweisschilder in anderen Sprachen und intensive Kontrollen an der Brücke würden die meist unwissenden ausländischen Fahrer vom Befahren der Brücke abhalten. Es wäre zudem viel kostengünstiger.“, so irrt er in mehrfacher Hinsicht.

Erstens bedarf es keiner Hinweisschilder in anderen Sprachen, weil internationale Verkehrszeichen, wie z.B. das Durchfahrtsverbot für LKW über 3,5 t, bereits internationale Verkehrszeichen sind. Spätestens seit dem Wiener Übereinkommen über Straßenverkehrszeichen aus dem Jahr 1968 sind vereinheitlichte, international geltende Verkehrszeichen geregelt. Jedes Transportunternehmen kennt sie.

Zudem wurden und werden insbesondere Transportunternehmen mit umfassenden Informationen über die Verkehrsbeschränkungen, einschließlich empfohlener Umleitungsstrecken, durch Flyer in hoher Stückzahl informiert. Neben Deutsch noch in englischer, französischer, spanischer, niederländischer, polnischer, türkischer, russischer, ungarischer und rumänischer Sprache.

Was die von Leonid Syrota geforderten intensiven Kontrollen statt der Schrankenanlagen angeht, zitiere ich Verkehrsminister Groschek aus einer Landtagsdebatte am 10. November. Groschek: „Was die Lkw-Verkehre angeht, will ich mich noch einmal bei den Polizeibeamten bedanken, die in Kontischichten rund um die Uhr den größten Einsatz zeigen mussten, um die Sperrmaßnahmen, die ursprünglich notwendig waren, durchzusetzen. Das ist ein Personalvolumen von täglich bis zu 90 Polizeibeamten, und das am Standort Köln. Ich denke, wir können niemandem vermitteln, dass 90 bis 100 Polizisten dauerhaft auf einer Brücke herumstehen müssen, um mehrere hundert Deppen hinter dem Lkw-Steuer davon abzuhalten,über die Brücke zu fahren. Das wäre eine Verschwendung von Ressourcen von Polizeibeamten, die gerade in Köln dringend woanders gebraucht werden.“

Dieser Aussage unseres Verkehrsministers schließe ich mich voll an.

Und drittens ist die Schrankenanlage die einzig realistische Alternative zur Vollsperrung dieser Brücke. Warum? 100.000 Rheinquerungen durch Pkw sind der Durchschnitt. Wenn man 100.000 mal 365 mal 4 Jahre bis zur Fertigstellung des ersten Teils der Brücke rechnet, kommt man auf 146 Millionen Rheinquerungen durch Pkw, die alle an anderer Stelle stattfinden müssten und die vorhandene Restinfrastruktur so belasten würden, dass neue Problemzonen mit Sperreffekten entstehen würden.

Leider setzen sich die Fehlinformationen durch Leonid Syrota fort, denn auch seine Anmerkungen zur Zubringersituation Chorweiler/A 57 sind nicht richtig. Er schreibt, die Landesregierung würde nicht einsehen, etwas an der Situation mit der Ausfahrt zu ändern. Tatsächlich heißt es aber in der Antwort der Landesregierung vom 09.05.2016: „Der Ausbau des Autobahnkreuzes (AK) Köln-Nord und der Ausbau der A 57 werden vom Landesbetrieb Straßenbau NRW in aufeinander folgenden Planungen betrieben. Zunächst wird das AK Köln-Nord ausgebaut. Anschließend folgt der 6-streifige Ausbau der A 57 AK Köln-N (A 1) – AD Neuss-S (A 46). Eine Entscheidung über eine neue Konzipierung der Anschlussstelle Chorweiler wird im Zusammenhang mit dem Ausbau der A 57 in Richtung Neuss getroffen.“

Das ist eine völlig andere Aussage und auch hier hätte ich mir gewünscht, dass Leonid Syrota besser recherchiert hätte.

Ich selbst habe mich zu diesem Thema schon im Sommer öffentlich wie folgt geäußert: „Für mich als Landtagsabgeordneter für den Kölner Norden bedeutet dies, dass jetzt zeitnah alle politisch Beteiligten unter wirksamer Mitsprache der im Kölner Norden betroffenen Bürgerinnen und Bürger, wie auch der durch den Gütertransport betroffenen Handels- und Industrieunternehmen Lösungen diskutieren müssen, um im Kölner Norden eine zukunftsorientierte Verkehrsinfrastruktur zu schaffen. Getrennte Zuständigkeiten von Verwaltungen und politischen Entscheidungsträgern dürfen dafür kein Hindernis sein und müssen in einem Dialog auf Augenhöhe zu vernünftigen und ganzheitlichen Lösungen führen.“

Als nächstes gehe ich kurz auf sein Kapitel „Wohnen“ ein. Wenn Leonid Syrota im Hinblick auf die GAG-Wohnungen schreibt, er würde für einen Neubau plädieren, andere soziale Schichten würden in Chorweiler einziehen, der Stadtteil wäre attraktiver, dann mag dies seine Meinung sein. Meine ist dies nicht.

Um ehrlich zu sein, mich bestürzt Syrotas Vorstellung, soziale Umschichtungen mittels Wohnungsneubau vorzunehmen. Für mich steht fest: Die Menschen in Chorweiler gehören zu Chorweiler und sie müssen dort bleiben dürfen. Mit bezahlbarem Wohnraum und in einer angemessenen und lebenswerten Umgebung. Gerade dafür wurde und wird viel getan und es würde hier den Rahmen sprengen, dies alles hier aufzuführen.

Nur kurz möchte ich noch auf Leonid Syrotas Anmerkungen zum Thema „Wirtschaft“ eingehen, die mir doch etwas unausgegoren erscheinen. Wenn er zum Beispiel schreibt: „Wir haben freie Marktwirtschaft in Deutschland, jedes Unternehmen kann sich frei irgendwo umsiedeln, was es unbedingt zu verhindern gilt, da Arbeitsplätze im Kölner Norden gefährdet wären.“, dann steckt schon in diesem Satz nicht nur ein Widerspruch, sondern er zeigt auch ein Dilemma auf. Wenn er auf freie Markwirtschaft setzt und damit auf die Freiheit der Standortwahl eines Unternehmens, dann passt dazu nicht die Aufforderung, dies „unbedingt zu verhindern“. Und wenn er für mehr Subventionen zur Unternehmensansiedlung in Chorweiler plädiert, dann mag sich dies zunächst gut anhören, aber dann muss er auch sagen, wer gegen wen in einem solchen Subventionswettbewerb antreten soll. Chorweiler gegen andere Kölner Stadtteile? Köln gegen andere Städte oder Landkreise? NRW gegen andere Bundesländer? Deutschland gegen andere EU-Staaten? Dass Subventionswettbewerbe auch schnell ruinös werden können, haben wir nach der Deutschen Einigung in vielen östlichen Bundesländern erlebt. Es würde hier zu weit führen, die komplexen Zusammenhänge rund um das Thema Wirtschaftsförderung zu erläutern, man sollte aber die wirtschaftliche Entwicklung im Kölner Norden nicht kleinreden.

Was mir vor allem Wichtig erscheint, ist ein gesundes Verhältnis zwischen Wohn-, Gewerbe- und Industriegebieten, weil letztere auch immer mit Verkehrsbelastungen verbunden sind, was wiederum Auswirkungen auf die Wohnqualität hat. Deshalb trete ich auch immer für eine möglichst breite Bürgerbeteiligung ein, um alle Betroffenen frühzeitig an einen Tisch zu bringen.

Wenn Leonid Syrota zum Schluss wiederum ein Konzept für Chorweiler einfordert, dann verweise ich nochmals auf meine Antwort zu seinem ersten Teil, in der ich auf verschiedene politische Konzepte für Chorweiler seit Mitte der 80er Jahre verwiesen habe. Und gerade die jüngste Vergangenheit zeigt, dass Chorweiler nicht aus dem Fokus geraten ist – im Gegenteil. Ich bin mir sicher, dass Chorweiler und insgesamt der Kölner Norden eine gute Zukunft haben wird. Soweit es mein politisches Engagement betrifft, werde ich mich jedenfalls dafür einsetzen. Und vielleicht kommt Leonid Syrota nach seinem Studium dann auch wieder nach Chorweiler zurück.

Andreas Kossiski, MdL

02.12.2016

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