Großmarkt Köln: Die FDP holt den Standort Lindweiler wieder aus der Mottenkiste

Es geht um dieses Grundstück an der Grenze Lindweiler/Volkhofen/Weiler

Der Kölner Großmarkt am Bonntor in Raderberg versorgt seit 1940 als eine öffentliche Einrichtung der Stadt Köln die Bevölkerung mit Obst, Gemüse und sonstigen Lebensmitteln. Knapp 220 Firmen verkaufen an über 5.000 Kunden rund 300.000 Tonnen Waren im Jahr.

Der Großmarkt liegt unmittelbar an der Grenze zu der dicht besiedelten Südstadt. Viele Gebäude sind mittlerweile marode und entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Das Areal, auf dem der Großmarkt steht, ist wegen seiner zentralen Lage für eine städtebauliche Entwicklung vorgesehen. Daher wurden die Flächen im Juni 2013 in die Planung des Sanierungsgebietes “Entwicklungsbereich südliche Innenstadt-Erweiterung (ESIE)” einbezogen.

Spätestens Anfang 2020 soll der Kölner Großmarkt am Bonntor in ein neues Zuhause einziehen. So sieht es die Stadt Köln und der Stadtrat vor, der am 13. Dezember 2007 einen entsprechenden Beschluss gefasst hat (zum Ratsbeschluss).

Tabelle 1Seit 2007 wurden mehrere Standorte für die Umsiedlung geprüft, die Stadtverwaltung positionierte sich klar für Marsdorf (s. Tabelle 1, Quelle). Das rief zahlreiche Gegner in Junkersdorf und Lindenthal auf den Plan. Es wurden Flugblätter verteilt, Briefe an die NRW-Regierung gesandt, Veranstaltungen organisiert. Man befürchtete einen Verkehrskollaps im Kölner Westen („bis zu 70.000 weitere Lieferwagen pro Woche“), Luftverschmutzung, Lärmbelästigung, finanzielle Nachteile für die öffentliche Kasse wegen der begleitenden Maßnahmen u.s.w. Es gab aber auch andere Stimmen, wie die vom Bezirksvertreter Torsten Ilg von den FREIEN WÄHLERN aus Rodenkirchen, der der Meinung ist:  „Der Großmarkt ist hier im Kölner Süden verwurzelt. Dort hat er seinen Kundenstamm. Die Bürger schätzen sein Angebot an exotischen Früchten und Frischwaren. Wir möchten das erhalten“. ergänzt Ilg.“  Dennoch hielt die Stadtverwaltung am Standort Marsdorf fest.

Nach der OB-Wahl im Jahr 2015 haben sich die Machtverhältnisse im Stadtrat zugunsten von CDU/Grüne/FDP geändert und nun bringt die FDP-Fraktion wieder den Standort in Lindweiler/Weiler/Volkhofen ins Gespräch. Dieser wurde 2007 von der Verwaltung auch geprüft und als wenig geeignet verworfen. Damals stimmte die Bezirksvertretung Chorweiler einstimmig gegen die Verwendung von einem ca. 52 Hektar großen Grundstück nahe Volkhoven/Weiler Lindweiler für den Großmarkt.  In der heutigen Sitzung des Wirtschaftsausschusses hat die FDP vor,  Lindweiler wieder auf die Liste der zu prüfenden Standorte einstellen zu lassen. Der Beschluß des Ausschusses wird als Vorlage für die Ratssatzung am 4. April dienen.

Die lokalen Politiker in Chorweiler, allen voran die SPD, schlugen sofort Alarm. Die SPD-Fraktion in der BV6 verbreitete eine Pressemitteilung (s.u.), in der sie den Vorstoß der FDP im Kölner Rat scharf kritisiert. Auch der Landtagsabgeordneter Kossiski (SPD) positionierte sich dagegen.

A. Kosssiki, MdL, SPD
A. Kosssiki, MdL, SPD

„Achtung liebe Mitbürger/innen im Kölner Norden! Die Ratsmehrheit aus CDU und Grünen versucht ein städtisches Problem zu Ungunsten des Kölner Nordens zu lösen. Gegen alle Beschlüsse, Prüfungen, Gutachten und auch Empfehlungen der Verwaltung, soll der neue Großmarkt in den Kölner Norden verlegt werden! Als Landtagsabgeordneter für den Kölner Norden stelle ich mich ohne wenn und aber gegen diese geplante Verlagerung. Keine zusätzliche Verkehrsbelastung für die Menschen im Stadtbezirk Chorweiler! “

Sein CDU-Kollege im Landtag, Herr Christian Möbius, ebenfalls aus dem Kölner Norden, lehnt auch den Standort Lindweiler ab:

C. Möbius, MdL, CDU
C. Möbius, MdL, CDU

„Eine Verlagerung des Großmarktes nach Lindweiler lehne ich ab. Der Standort wurde schon vor etlichen Jahren von der Kölner Stadtverwaltung geprüft und als nicht geeignet eingestuft. Daran hat sich aus meiner Sicht nichts geändert. Im Gegenteil: Das Verkehrsaufkommen rund um das Autobahnkreuz Köln-Nord hat sich in den letzten Jahren drastisch erhöht und führt tagtäglich zu Staus in allen Richtungen. Auch aus Umweltgründen kommt für mich eine Verlagerung nach Lindweiler nicht in Betracht.“

Der SPD-Fraktionschef in der BV Chorweiler Inan Gökpinar vermutet im Hinblick auf die Landtagswahl im Mai 2017 wahltaktische Gründe für den Vorstoß der FDP.  „Seit 2007, als der Standort Lindweiler verworfen wurde, hat sich die Situation nicht geändert. Sie hat sich für den Stadtteil sogar an manchen Stellen verschlechtert,“ – sagte er im Interview mit unserer Redaktion.- „Würde der Großmarkt nach Lindweiler kommen, würde es alle Anstrengungen der letzten Jahre, den Stadtteil wieder lebenswerter zu gestalten, – Stichwort „Integriertes Handlunsgkonzept“ – zunichte machen.“

Heute trifft sich die BV Chorweiler und bespricht das Thema. Gökpinar hofft auf ein geschlossenes „Nein“ aller Fraktionen.

09.03.2017, Alexander Litzenberger

Update 09.03.2017, 20:00 Uhr:

Die Bezirksvertretung Chorweiler sagt: weder Lindweiler, noch ein anderer Stadtteil im Bezirk Chorweiler eignet sich als neuer Standort für den Kölner Großmarkt.

Das haben die Bezirksvertreter in ihrer heutigen Sitzung beschlossen. Dafür haben die CDU-, SPD- und Grünen-Fraktionen und der Linken-Bezirksvertreter Roth gestimmt. Der FDP-Vertreter Urmetzer und parteiloser Hubrich haben sich enthalten.

Die Beschlussvorlage hat die SPD-Fraktion eingereicht, die CDU brachte den Vorschlag ein die Ablehnung auf den ganzen Bezirk auszudehnen. In der Form wurde der Beschluss dann angenommen.

 

Pressemitteilung der SPD Fraktion der BV6

Keine Verlagerung des städtischen Großmarkts nach Lindweiler/Volkhoven/Weiler!

wir haben Grund zu der Annahme, dass Schwarz-Grün mit Unterstützung der FDP im Rat (Ratbündnis) den Großmarkt nicht mehr nach Marsdorf, sondern nach Lindweiler verlegen will.dass die Gründe, die uns seinerzeit bewogen haben, den Standort Lindweiler abzulehnen, nach wie vor aktuell und schlüssig sind. Dass sich auch im Ratsbündnis von CDU und Grünen die Anzeichen verdichten, dass es sich zum Standort Lindweiler/Volkhoven/Weiler hinwendet. Weder CDU noch Grüne haben dem FDP-Vorschlag bisher ausdrücklich widersprochen. Wie die Verwaltung bereits 2007 in ihrer Standortempfehlung zur Verlagerung des Kölner Großmarkts ausgeführt hat, ist diese Fläche auch aus Sicht der Antragstellenden keinesfalls ein geeigneter Standort für ein neues Frischezentrum, und zwar unter mehreren Gesichtspunkten:

Ein Frischezentrum/Großmarkt dient dem Verkauf von Lebensmittel an Lebensmittelunternehmen, jedoch nicht an Endverbraucher. Er ist somit nicht auf die unmittelbare Versorgung der Bevölkerung vor Ort ausgerichtet, sondern soll Händlerinnen und Händler aus Köln und der Region mit Waren beliefern, die diese dann an die Verbraucherinnen und Verbraucher vor Ort weiterverkaufen. Ein Großmarkt/Frischezentrum ist deshalb ein großflächiger Gewerbetrieb und erzeugt einen erheblichen Transportverkehr, in der Regel mit Lkws und Transportern rund um die Uhr, vornehmlich aber in den Morgenstunden.

Eine zusätzliche Verkehrsbelastung im städtischen, vor allem auch innerstädtischen Raum entsteht dadurch, dass die Anlieferung des Logistikzentrums häufig vom Kölner Süden ( z.B. vom Fracht vom Flughafen, Obst-und Gemüsetransporte aus dem Vorgebirge und aus den Mittelmeerländern wie Spanien) her erfolgt und so zusätzlicher Verkehr durch das Stadtgebiet von Köln (z.B. bei Staus auf der BAB1 und BAB 57 und den daraus resultierenden Umleitungs-/ Ausweichrouten) erzeugt wird. Die Verkehrsbelastung des Stadtbezirks ist durch die Neuansiedlung des Containerstandortes an der Industriestraße ohnehin erheblich angewachsen. Auch die Situation an der Leverkusener Brücke durch LKW-Sperrungen sowie durch den geplanten Neubau verursacht ständige Staus im gesamten Stadtbezirk Chorweiler, die bereits jetzt zu unerträglichen Lärm- und Umweltbelastungen der Menschen führen.

Grundsätzlich macht es wenig Sinn, in die unmittelbare Nähe des Niehler Hafens mit seinen Logistikangeboten ein weiteres Logistikzentrum anzusiedeln.

Im Kontext des Integrierten Handlungskonzepts Lindweiler wurde zudem auf die katastrophale Insellage des Stadtteils Lindweiler durch den Umgebungsverkehr auf der BAB57, der Eisenbahnlinie, dem Zubringer Chorweiler und dem übrigen Straßennetz verwiesen. Sollte eine Verlagerung des Logistikzentrums nördlich Lindweiler erfolgen, dann werden jahrelange Bemühungen der Politik und der Verwaltung den Stadtteil Lindweiler lebenswerter zu gestalten, ad absurdum geführt. 55.000 Menschen im Kölner Norden von einer Großmarktansiedlung unmittelbar betroffen sind,vor allem in Volkhoven/Weiler, Lindweiler, Pesch und Esch/Auweiler, darüber hinaus aber auch in Heimersdorf, Chorweiler, Seeberg und Blumenberg. Dass der Standort aus Gründen des Natur-, Landschafts- und Klimaschutzes nicht in Frage kommt.

Aus diesem Grunde ist unsere Anlegen, mit allen Möglichkeiten eine öffentliche Debatte anzustoßen und den Bürgerinnen und Bürgern des Kölner Nordens die Möglichkeit zu geben sich (dagegen) zu positionieren. Dazu müssen wir aber schnell und beherzt und mit vielfältigen Mitteln agieren.

Inan Gökpinar
Fraktionsvorsitzender SPD BV6

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